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Entwicklung und Lebensdauer

Die Lebensdauer der zirkulierenden Erythrozyten beträgt ca. 120 Tage. Daher werden mithilfe der klassischen Hämatologie-Parameter, wie Hämoglobinkonzentration (HGB), mittleres korpuskuläres Erythrozytenvolumen (MCV), mittlerer korpuskulärer Hämoglobingehalt (MCH) oder Anteil der hypochromen Erythrozyten (%Hypo-He), Eisenmangelzustände und Veränderungen der Eisenversorgung der Erythrozytopoese relativ spät erkannt.

Retikulozyten, die Vorläuferzellen der reifen Erythrozyten, werden im Knochenmark gebildet und in den Blutkreislauf ausgeschwemmt. Im peripheren Blut entwickelt sich der Retikulozyt in der Regel innerhalb von zwei Tagen zum reifen Erythrozyten. Die Bestimmung der Retikulozytenzahl liefert somit sehr zeitnahe quantitative Informationen über die Erythrozytopoese im Knochenmark.

Diagnostische Relevanz

Die Bestimmung des Hämoglobingehalts der Retikulozyten gibt Auskunft über die aktuelle Eisenversorgung der Erythropoese und ermöglicht dadurch eine „qualitative“ Beurteilung der Zellen, sodass Veränderungen des Eisenstatus frühzeitiger identifiziert werden können als durch Bestimmung des Hämoglobingehalts der reifen Erythrozyten.

Der Referenzbereich für RET-He liegt bei ca. 28-35 pg [~1.77-2.22 fmol].
Bei unter 28 pg [1.77 fmol] liegt Eisenmangel vor.


Bedeutung klinisch-chemischer Parameter zur Diagnose eines Eisenmangels

Herkömmliche biochemische Marker für die Beurteilung des Eisenstatus, wie Serumeisen, Transferrin oder Ferritin, werden während der Akute-Phase-Reaktion z. B. bei entzündlichen Erkrankungen, aber auch in Gegenwart diverser anderer schwerer Erkrankungen, so stark gestört, dass eine klinische Interpretation der Messergebnisse schwierig oder unmöglich ist.

Während zum Beispiel ein niedriger Ferritinspiegel immer ein Marker für Eisenmangel ist, lassen normale oder erhöhte Werte keinerlei Rückschlüsse auf die Bioverfügbarkeit von Eisen zu.

Bei chronischen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis, aber auch bei Leberschäden, Tumoren oder chronischen Nierenerkrankungen kann ein normaler oder erhöhter Ferritinwert auch im Fall eines funktionellen Eisenmangels erhöht sein. Ein funktioneller Eisenmangel ist eine Eisenmobilisationsstörung, d. h. die Eisendepots können zwar aufgefüllt, jedoch nicht mobilisiert werden. Eisen wird nicht in den Blutkreislauf freigesetzt und steht daher für die Erythropoese nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung. Die Messung des Hämoglobingehalts der Retikulozyten als direkter Indikator für das tatsächlich für die Hämoglobinsynthese verwendete Eisen gibt  in diesen Fällen Auskunft darüber, ob für die Erythropoese Eisen in adäquater Menge zur Verfügung steht. Damit kann eine Momentaufnahme der „Qualität“ der Erythropoese erfasst werden, ein wichtiges Hilfsmittel bei der Diagnose und dem Monitoring von Eisenmangel-Erkrankungen.

Da der Ferritinwert während der Akute-Phase-Reaktion falsch erhöht ist, sollte das Blut auf mögliche entzündliche Erkrankungen hin untersucht werden, z. B. durch Bestimmung des Akute-Phase-Proteins CRP.

Einsatz von RET-He

Anämie ist eines der häufigsten Symptome vieler Erkrankungen und eine der am meisten unterschätzten Erythrozyten-Störungen. Entsprechend kritisch ist die Bestimmung der erythropoetischen Aktivität für eine korrekte Diagnose und Therapieentscheidung.

Besonders wichtig ist die Bestimmung von RET-He bei Patienten Anämie bei chronischen Erkrankungen (ACD) aus oben genannten Gründen. Jeder Patient mit chronisch-entzündlicher Erkrankung, chronischer Infektion oder einer Malignität kann eine ACD entwickeln. Der RET-He hilft dabei zu erkennen, ob Eisen für die Bildung von Erythrozyten in ausreichendem Maße verfügbar ist und kann in Kombination mit weiteren Parametern die Therapie und das Therapiemonitoring steuern.

Ebenso gehen Nierenerkrankungen häufig mit einer Anämie einher. Für Patienten der nephrologischen  Abteilung oder Patienten aus Dialysezentren und -praxen kann der RET-He-Wert, ggf. in Kombination mit anderen klinisch-chemischen Parametern (Diagnostisches Diagramm/Prof. L. Thomas) die therapeutische Entscheidung erleichtern (orale Eisengabe oder  Therapie mit rekombinantem Erythropoetin (r-HuEPO)) und den Therapieerfolg sichtbar machen. Die Bestimmung des „Hämoglobingehalts der Retikulozyten“ bei Nierenerkrankungen wird u. a. in den „European Best Practice Guidelines (EBPG)“ und den Richtlinien der „National Kidney Foundation Kidney Disease Outcome Quality Initiative (NKF KDOQI)“ empfohlen.

Patienten mit Eisenmangelanämie (IDA) profitieren ebenfalls von diesem Parameter. IDA ist eine weit verbreitete, unterdiagnostizierte Krankheit, die bei einer Vielzahl unterschiedlicher Patienten gefunden werden kann. Einige Kinder können z. B. aufgrund des erhöhten Eisenbedarfs in der Wachstumsphase eine Eisenmangelanämie entwickeln. Das RET-He stellt dabei einen frühen und kostengünstigen Marker zur Seite.


Delta-He

Der Delta-Wert (Delta-He) ist ein Maß für den Unterschied zwischen der Hämoglobinisierung von Retikulozyten und der Hämoglobinisierung von reifen Erythrozyten. Ein negativer Delta-Wert zeigt an, dass die Hämoglobinisierung der Retikulozyten im Vergleich zur Hämoglobinisierung der reifen Erythrozytenpopulation eingeschränkt ist und somit anzeigt, dass die für die Erythrozytenbildung zur Verfügung stehende Eisenmenge aktuell für die Aufrechterhaltung eines gesunden Hämoglobinspiegels nicht ausreicht.


RET-He - Retikulozyten-Hämoglobin-Äquivalent

Der Parameter RET-He (Retikulozyten-Hämoglobin-Äquivalent) gibt den Hämoglobingehalt der Retikulozyten an. Er ist ein nützlicher Parameter für die Diagnose und Therapiekontrolle bei Eisenmangelanämie weil er die aktuelle Bioverfügbarkeit von Eisen für die Erythropoese anzeigt.


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