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Was der Klimawandel mit unseren Nieren macht

XTRA-ARTIKEL AUSGABE 1/2021

 

Mit der Erderwärmung kommen viele Herausforderungen auf uns zu – ökologische und klinische. Wie Hitze die Nierengesundheit beeinträchtigen kann, wird in dem Zusammenhang selten besprochen. Und doch drohen auch hier Risiken, warnt der Urologe Prof. Dr. Joachim Steffens, Chefarzt des St.-Antonius-Hospitals in Eschweiler sowie ehemals Präsident der Deutschen Gesellschaft für Urologie. Welche, das erklärt der Experte im Interview

Herr Prof. Steffens, aktuell wird kaum noch über mögliche Folgen des Klimawandels gesprochen. Ist das ein Fehler?

Der Klimawandel ist das eigentliche Megathema unseres Planeten. Und doch ist er im Moment, wie Sie ganz richtig sagen, aus der öffentlichen Wahrnehmung nahezu vollständig verschwunden. Es ist bekannt, dass wir zu wenig tun, um den Klimawandel zu stoppen. Wir wissen beispielsweise, dass jährlich mehr als 15.000 Menschen in Deutschland allein an den Folgen der hohen Feinstaubbelastung versterben, die die Erderwärmung mitverursacht. Es ist ebenso bekannt, dass sich die Anzahl von Schlaganfällen, Herzinfarkten sowie Infektionskrankheiten durch erhöhte Durchschnittstemperaturen und Extremhitze erhöht. Hier muss dringend gehandelt werden. Denn die Dunkelziffer klimatisch bedingter Todesfälle ist hoch, und auch aus diesem Grund sollte das Thema im politischen Diskurs auf jeden Fall Priorität behalten.

Inwieweit belastet Hitze die Nieren und mit welchen Erkrankungen ist zu rechnen?

Durch die Wärme kommt es zum Verlust von Wasser und Blutsalzen, wodurch der Körper austrocknet. Und dadurch erhöht sich das Risiko für Nierenschäden unterschiedlicher Art – akuten sowie chronischen. Die Urinmenge, die täglich ausgeschieden werden sollte, sinkt, weil der Körper bei Hitze mehr Flüssigkeit abgibt, und der Harntrakt wird nicht ausreichend befeuchtet. Folgen davon sind unter anderem, dass die Harnsteinbildung begünstigt wird und das Risiko für in die Niere aufsteigende Harnwegsinfektionen wächst. Das liegt daran, dass Bakterien über den konzentrierten, vermindert ausgeschiedenen Urin leichter eindringen, die Blasenbarriere überwinden können und in Folge problemloser die Nieren erreichen. Eine Zunahme solcher Infektionen ist nicht nur für die Gesundheit von Patienten, sondern auch hinsichtlich der weltweiten Problematik rund um resistente Keime bedenklich. Ein weiterer Punkt ist, dass die Nieren, um Wasser zu konservieren, eine maximale Produktion des antidiuretischen Hormons stimulieren. Dieser Mechanismus ist an der Entstehung von akuten Nierenschädigungen beteiligt, daher sollte eine Dehydrierung unbedingt vermieden werden.

Lässt sich eine Zunahme von solchen klimatisch bedingten urologischen Erkrankungen schon jetzt beobachten?

Aktuell liegen uns noch keine evidenzbasierten Daten zu diesem Thema vor und es gibt keine systematische Forschung zu den Einflüssen der Erderwärmung auf Erkrankungen des Harntrakts. Aber es ist durchaus bekannt, dass sich beispielsweise der sogenannte Harnsteingürtel der Erde aus Ländern mit sehr heißem tropischen Klima bereits weiter in den Norden verschoben hat. Ebenfalls belegt ist, dass Menschen mit einer eher geringen Trinkmenge heutzutage im Vergleich zu vorherigen Generationen bereits ein erhöhtes Risiko für Harnsteine aufweisen. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie ist gerade dabei, die fehlenden Daten zu erheben, um konkrete Handlungsempfehlungen auszusprechen. Wir raten vor allem dazu, während der Sommermonate viel zu trinken sowie einmal jährlich die Nierenfunktion bestimmen zu lassen – speziell, wenn ein erhöhtes Risiko für Nierenerkrankungen vorliegt.

Fotoquelle: iStock

 

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