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Scientific Kalender Oktober 2022

Die Herausforderungen eines präoperativen Eisenmangels bei Patienten, die sich einer Operation unterziehen werden

Welcher Parameter ist für die Beurteilung von Erythropoese und Eisenstatus in Echtzeit hilfreich?

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Wissenschaftliche Hintergrundinformationen

Das Blutmanagement von Patienten (BMP) ist ein patientenzentriertes medizinisches Konzept, welches Anämie, Blutverlust, Eisenmangel und Koagulopathie als Risikofaktoren für unerwünschte Wirkungen bei Patienten, die sich einer Operation unterziehen werden oder auch nicht, einbezieht [1]. Das BMP ist eine wichtige Säule bei der Beurteilung eines Patienten im Hinblick auf eine präoperative Anämie. Die Frage, die bleibt, lautet: Produziert das Knochenmark des Patienten genug Blutzellen, um den Körper zu versorgen, potenzielle Verluste während oder nach der Operation abzudecken und um letztendlich einer Krankenhausanämie vorzubeugen?

Bis zu einem Drittel der Allgemeinbevölkerung leidet unter einer Anämie. Die Symptome können von leichter Erschöpfung (Fatigue) und Kurzatmigkeit bis hin zu einem umgehend zu behandelnden schweren Organversagen reichen [2]. Bei einem bestehenden Verdacht auf Anämie wird der Hämoglobinspiegel kontrolliert. Eisenmangel ist die häufigste Ursache für eine geringere Anzahl an oder funktionell beeinträchtigte rote Blutzellen. In diesem Zusammenhang werden Krankenhausanämien mit wachsender Besorgnis beobachtet [3]. Im Fall einer Krankenhausanämie müssen die Patienten bei Einweisung (präoperativ) einen normalen Hämoglobinspiegel aufweisen und im Verlauf des Krankenhausaufenthalts ein signifikantes Blutvolumen (potenziell bis zu einem lebensbedrohlichen Ausmaß) verloren haben.

Zur Darstellung und Quantifizierung des Ausmaßes des Blutverlustes wurden in den USA stationär aufgenommene kardiothorakale Patienten überwacht [3]. Die Gruppe stellte fest, dass im Verlauf eines durchschnittlichen Krankenhausaufenthalts von 1 Woche für einen kardiothorakalen Patienten mehr als 100 (!) Laboruntersuchungen durchgeführt werden. Solch ein Patient verliert in diesem Zusammenhang durchschnittlich die nicht unbedeutende Menge von 500 ml Blut. Je nach Schwere der Erkrankung und der Dauer des Krankenhausaufenthalts kann diese Menge auch auf 1 Liter anwachsen. Letztendlich ist eine solche sich entwickelnde Krankenhausanämie mit erhöhten Komplikationsraten und erhöhter Mortalität verbunden.

Das Phänomen der Krankenhausanämie (eine so genannte iatrogene Form der Anämie) betrifft unabhängig vom Grund der stationären Aufnahme etwa 25 % der Patienten in einem Krankenhaus [4]. Im Allgemeinen treten Anämien häufig auf, sind aber oft nicht ganz einfach zu erkennen. Es gibt nicht „den einen“ Parameter, der direkt den Eisen- und Anämiestatus anzeigt. So liefern im Fall zugrunde liegender inflammatorischer Prozesse zum Beispiel Marker wie Ferritin im Hinblick auf die Diagnostik nicht immer eindeutige Ergebnisse. Der hämatologische Parameter Retikulozyten-Hämoglobin-Äquivalent (RET-He) liefert eine Echtzeit-Beurteilung der Verfügbarkeit von Eisen, da er die Hämoglobinisierung der Retikulozyten angibt [4,5]. Daher kann RET-He für die Beurteilung einer präoperativen Anämie herangezogen werden. Durch das frühzeitige Erkennen einer Anämie kann entweder eine Ernährungsunterstützung zur Stärkung der Eisenversorgung oder eine intravenöse Verabreichung von Eisen erfolgen. Beides sind etablierte Maßnahmen im Zusammenhang mit einer präoperativen Anämie.

Zur Bewahrung von Patientenblut und auch Transfusionseinheiten werden immer häufiger BMP-Konzepte implementiert [4,5]. Hierzu gehören Programme zur Prozessoptimierung für weniger häufige und geringere Blutentnahmen und die Nutzung effektiver Parameter wie RET-He.

In unserem Fall des Monats möchten wir einen Patienten vorstellen, dessen Eisenstatus und Effizienz der Erythropoese präoperativ unter Verwendung moderner Parameter für rote Blutzellen aus dem RET-Kanal bestimmt wurde. Diese können sehr hilfreich dabei sein, den Eisenbedarf des Patienten während seines Krankenhausaufenthalts bewusst zu managen.

Patientendaten

Ein 75 Jahre alter männlicher Patient wurde im Vorfeld einer Operation für eine Knie-Totalendoprothese aufgrund fortgeschrittener Osteoporose im Kniegelenk stationär aufgenommen. Bereits im Jahr zuvor hat er für sein anderes Knie eine Totalendoprothese erhalten. Zum damaligen Zeitpunkt stellte man bei ihm vor der Operation eine Eisenmangelanämie (IDA) fest. Aus diesem Grund erhielt er Erythropoese-stimulierende Agenzien (ESA) und Ferumoxytol, ein intravenös zu verabreichendes Medikament bei Eisenmangel. Dieses Mal wurde ihm zur Beurteilung seines präoperativen Eisenstatus im Voraus Blut abgenommen und untersucht.

Numerische Ergebnisse

Unter der Annahme, dass das präoperative Management aus dem Vorjahr zu wiederholen sei, wurde der Eisenstatus des Patienten sorgfältig untersucht. Das große Blutbild zeigte tatsächlich verminderte Werte für RBC und HCT. Der wichtigste Marker zur Überprüfung auf ein Vorliegen einer Anämie, das Hämoglobin, war niedrig, aber im Normbereich.

Auch der RET-He-Wert zeigte einen normalen Eisenspiegel des Patienten an. Der moderne klinische Parameter RET-He erkennt deutlich früher Veränderungen am Eisenstatus der Erythropoese [5]. Da rote Blutzellen eine Lebensdauer von 120 Tagen haben, erlauben die klassischen hämatologischen Parameter, wie Hämoglobin (HGB), Hämatokrit (HCT) und ERY (RCB), nur einen relativ späten Nachweis eines Eisenmangels und das Erkennen von Veränderungen am Eisenstatus der Erythropoese.

Darüber hinaus waren die absolute Anzahl und der prozentuale Anteil der Retikulozyten im Normbereich. Dies belegte, dass sein Knochenmark gut arbeitet und eine ausreichende Anzahl an Retikulozyten produziert.

Daher waren dieses Mal keine Verabreichungen von ESA und Eisen erforderlich. Mit diesem Ansatz (RET-He) können dem Patienten unnötige therapeutische Interventionen erspart werden. Darüber hinaus ist dieser Parameter auch für das Blutmanagement von Patienten hilfreich.

Tabelle: Ergebnisse der Blutuntersuchungen zur Feststellung, ob eine präoperative Therapie im Zusammenhang mit einem Eisenmangel erforderlich ist

Parameter Ergebnis Referenzbereich Interpretation
RBC 3.22 x 1012/L 4.3 – 5.6 x 1012/L [6] niedrig
HCT 33.6% 40 – 50% [6] niedrig
HGB 13.7 g/dL 13.7 – 16.5 g/dL [6] Im Normbereich
RET-He 38.8 pg ≥ 28.5 pg [7] hoch
RET% 1.86% 0.68 – 1.86% [6] Im Normbereich
RET# 102 x 109/L 34 – 102 x 109/L [6] Im Normbereich

 

Literatur

[1] WHO (2021): The urgent need to implement patient blood management. Online: https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/346655/9789240035744-eng.pdf

[2] WHO (2011): Haemoglobin concentrations for the diagnosis of anaemia and assessment of severity. Online: https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/85839/WHO_NMH_NHD_MNM_11.1_eng.pdf

[3] Koch CG et al. (2013): Hospital-acquired anemia: prevalence, outcomes, and healthcare implications. J Hosp Med. (9):506 – 512.

[4]. Hönemann C et al. (2021): Reticulocyte and Erythrocyte Hemoglobin Parameters for Iron Deficiency and Anemia Diagnostics in Patient Blood Management. A Narrative Review. J Clin Med. 10: 4250 – 4262.

[5] Hönemann C et al. (2021): Reticulocyte Haemoglobin as a Routine Parameter in Preoperative Iron Deficiency Assessment. Endocrinol Metab. 5(1): 154 – 158.

[6] Arbiol-Roca A et al. (2018): Reference intervals for a complete blood count on an automated haematology analyser Sysmex XN in healthy adults from the southern metropolitan area of Barcelona. EJIFCC. 29(1): 48 – 54. Free online: www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5949618/

[7] Toki Y et al. (2017): Reticulocyte hemoglobin equivalent as a potential marker for diagnosis of iron deficiency. Int J Hematol. 106(1): 116 – 125.

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