Scientific Kalender Juni 2025
Neutrophile in der angeborenen Immunabwehr gegen eine Staphylococcus-aureus-Infektion
Wie kann der Parameter NEUT-RI mit der Aktivierung der Neutrophilen zusammenhängen?
Der NEUT-RI zeigt die verstärkte metabolische Aktivität der Neutrophilen, die an einer erhöhten Fluoreszenzintensität erkennbar ist.
Der NEUT-RI gibt die Gesamt-Neutrophilenzahl wieder.
Der NEUT-RI stellt die zytoplasmatische Granularität der Neutrophilen dar.
Der NEUT-RI bleibt unabhängig von der Aktivität der Neutrophilen unverändert.
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Wissenschaftliche Hintergrundinformationen
Neutrophile Granulozyten gehören bei der Bekämpfung von bakteriellen Infektionen zu den ersten Respondern des angeborenen Immunsystems. Nach Ausbruch einer lokalen Infektion steigert die systemische Entzündung die De-novo-Produktion von Neutrophilen und erhöht die Freisetzung von unreifen Neutrophilen in den Kreislauf [1]. Aktivierte Neutrophile wandern aus dem Blutstrom in das infizierte Gewebe, wo sie eindringende Mikroorganismen durch die Freisetzung von antimikrobiellen Substanzen einfangen, einhüllen, phagozytieren und abtöten.
Die von verschiedenen Zytokinen aktivierten und angezogenen Neutrophilen bilden netzartige Strukturen, die so genannten „Neutrophil Extracellular Traps“ (NETs). Dieser Prozess wird als „NETose“ bezeichnet [2]. Während dieses Prozesses setzen die Neutrophilen Nukleinsäure, kondensiert als Chromatin, frei. Zusammen mit Histonen und zahlreichen Proteinen bildet sie die Hauptkomponente von NETs [2]. Abgesehen von dem positiven Effekt, dass Pathogene beseitigt werden, kann eine zu starke NETose jedoch schädlich für den Wirt sein [3]. Außerdem spielt die Interaktion zwischen NETs, Thrombozyten und dem Endothel eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer Immunthrombose, die zur disseminierten intravasalen Koagulation (DIC) beiträgt und zu Thrombozytopenie führt [4, 5].
Anhand eines Routine-Blutbilds können Hämatologie-Analysesysteme von Sysmex zwischen aktivierten Neutrophilen (Reaktivitätsintensität der Neutrophilen = NEUT-RI) und ruhenden Neutrophilen (NEUT %/#) auf der Grundlage von deren Fluoreszenzintensitätssignal unterscheiden. Die aktivierten Neutrophilen produzieren proinflammatorische Zytokine, und diese verstärkte metabolische Aktivität führt zu höheren Fluoreszenzintensitätssignalen [6].
Neben Neutrophilen deutet das Auftreten von unreifen Granulozyten (immature granulocytes, IG) im peripheren Blut auf einen erhöhten Bedarf an Neutrophilen hin, der die Reifungskapazität des Knochenmarks übersteigt und zur vorzeitigen Freisetzung von Progenitorzellen in den Kreislauf führt. Dies liefert Informationen über die Ausprägung der angeborenen Immunantwort [7].
Neutrophilenparameter (NEUT-RI, NEUT-GI) stellen zusammen mit Lymphozytenparametern (RE-LYMP, AS-LYMP) die „Extended Inflammation Parameters“ (EIP) von Sysmex dar. Mit diesen diagnostischen Parametern kann der Aktivierungsstatus dieser Zellen quantifiziert werden (Tabelle 1). Verschiedene Studiengruppen haben nachgewiesen, dass EIP die Differenzierung von septischen und nicht-septischen Patienten sowie bakteriellen und viralen Infektionen unterstützen können [8–10].

Fallergebnisse
Ein über 70-jähriger männlicher Patient wurde zur Diagnostik eines nephrotischen Syndroms ins Krankenhaus aufgenommen. Während seines Krankenhausaufenthalts trat bei ihm Fieber auf. Die Blutuntersuchung ergab, dass die Leukozyten und Erythrozyten im Referenzbereich lagen [11]; die Thrombozyten waren jedoch deutlich erniedrigt, und das Differentialblutbild zeigte eine Dominanz der Neutrophilen.

Im WDF-Scattergramm war die Neutrophilenwolke (hellblau) nach oben in Richtung eines verstärkten SFL-Signals verschoben (Abb. 2). Diese Beobachtung stimmt mit dem erhöhten NEUT-RI-Wert von 73,3 FI überein (Referenzbereich: 42,0 – 50,6 FI [11]). Außerdem wird eine Untergruppe von Zellen im WDF-Scattergramm als unreife Granulozyten (dunkelblau) klassifiziert. Die erhöhte Neutrophilenzahl, die verstärkte Aktivierung der Neutrophilen (NEUT-RI) und die Erhöhung unreifer Granulozyten entsprechen dem Muster einer frühen angeborenen Immunantwort gegen bakterielle Infektionen.

Die Aktivierung der Neutrophilen wurde durch die Präsenz einer toxischen Granulation im peripheren Blutausstrich weiter bestätigt. Außerdem war der Entzündungsmarker C-reaktives Protein (CRP) erhöht (40,3 mg/l).

Die beobachtete Thrombozytopenie (PLT 67 x 103/µl) ist ein häufiges Phänomen während einer bakteriellen Entzündung und könnte durch eine verminderte Thrombozytenproduktion, eine verstärkte Thrombozytenaktivierung und einen erhöhten Thrombozytenverbrauch bei Thromben sowie eine vermehrte Zerstörung von Thrombozyten gefördert werden [12]. Die Blutkultur war positiv und bestätigte das Vorliegen einer bakteriellen Infektion mit S. aureus
Literatur
[1] Malech HL et al. (2020): The Role of Neutrophils in the Immune System: An Overview. Methods Mol Biol; 2087:3–10.
[2] Brinkmann V et al. (2004): Neutrophil extracellular traps kill bacteria. Science. 303(5663):1532–1535.
[3] Papayannopoulos V (2021): Neutrophil extracellular traps in immunity and disease. Nat Rev Immunol; 18:134–147.
[4] Zhang H et al. (2021): Tissue factor-enriched neutrophil extracellular traps promote immunothrombosis and disease progression in sepsis-induced lung injury. Front Cell Infect Microbiol; 11:677902.
[5] Chen Z et al. (2021): Review: the emerging role of neutrophil extracellular traps in sepsis and sepsis-associated thrombosis. Front Cell Infect Microbiol; 11:653228.
[6] Mantovani EMA et al. (2023): The Potential Role of Neutrophil-Reactive Intensity (NEUT-RI) in the Diagnosis of Sepsis in Critically Ill Patients: A Retrospective Cohort Study. Diagnostics (Basel); 13(10):1781.
[7] Nierhaus A et al. (2013): Revisiting the white blood cell count: immature granulocytes count as a diagnostic marker to discriminate between SIRS and sepsis–a prospective, observational study. BMC Immunol; 14:8.
[8] Herawati S et al. (2024): Integrating Routine Hematological and Extended Inflammatory Parameters as a Novel Approach for Timely Diagnosis and Prognosis in Sepsis Management. Diagnostics (Basel); 14(9):956.
[9] Park SH et al. (2015): Sepsis affects most routine and cell population data (CPD) obtained using the Sysmex XN-2000 blood cell analyzer: neutrophil-related CPD NE-SFL and NE-WY provide useful information for detecting sepsis. Int J Lab Hematol; 37(2):190–198.
[10] Urrechaga E et al. (2018): Neutrophil Cell Population Data biomarkers for Acute Bacterial Infection. Journal of pathology and infectious Diseases; 1(1):1–7.
[11] L van Pelt J et al. (2022): Reference intervals for Sysmex XN hematological parameters as assessed in the Dutch Lifelines cohort. Clin Chem Lab Med 60(6):907–920.
[12] Wilson JJ et al. (1982): Infection-induced thrombocytopenia. Semin Thromb Hemost; 8(3):217–233.